Ich sehe häufig ungläubige Blicke wenn ich etwas über meine Besuche in den Sake Brauereien erzähle. Viele sind irritiert, dass ‚Reiswein’ gebraut wird. Andere hätten Sake eher zu den Spirituosen gezählt, weil er manchmal recht stark sein kann, obwohl er alkoholtechnisch gar nicht so weit von einem kräftigen Rotwein entfernt ist. Also was ist Sake denn nun?
Sake ist ein traditionelles, Japanisches Getränk, dass seit ca. 1.000 Jahren so wie heute gebraut und nur aus Reis hergestellt wird. Natürlich benötigt man für die alkoholische Gärung noch Wasser, Hefe und Koji (einen Edelschimmelpilz der die Stärke des Reis in Zuckermolekühle aufbricht), aber es darf kein anderes Getreide außer Reis zur Herstellung von Sake benutzt werden. Die Herstellung von Sake aus einem Getreide ist damit der Herstellung von Bier ähnlich, aber eben nicht gleich. Die Komplexität von Sake mit seinen ca. 400 Geschmacksnuancen übertrifft sogar die von Wein, der ca. 200 Geschmacksnuancen aufweist. Und der natürlicher Alkoholgehalt von 16-20% erinnert an Spirituosen. Sake ist aber weder Wein noch Bier noch Spirituose. Sake ist Sake. Ein eigenes Getränk. Fein, raffiniert, komplex und genussreich.
Zusammenfassend, wie wird Sake nun gemacht?
Der Reis wird poliert, gewaschen, eingeweicht und dann gedämpft. In dieser Reihenfolge. Danach wird er mit Wasser, Hefe und Koji in einem kleinen, offenen Tank für zumeist zwei (manchmal auch vier) Wochen vergoren. Diese Mischung nennt sich Moto. Nach zwei (vier) Wochen dann wird der Moto in einen größeren Tank gegeben und in vier Tagen wird drei mal erneut Wasser, Reis und Koji zugegeben. Dieser Mix heißt dann Moromi. In diesem großen, ebenfalls offenen Tank vergärt der Moromi dann zwischen 18 und 32 Tagen, bevor er gepresst, gefiltert, häufig pasteurisiert und manchmal auch mit andrem Sake vermischt wird (wie eine Assemblage).
Das alles klingt eigentlich recht einfach. Wir kann dann etwas so ‚einfaches’ eine solche Aromenvielfalt hervorbringen? Nun, weil JEDE noch so kleine Änderung in JEDEM Schritt des Prozesses Einfluss auf das Geschmackserlebnis des Endproduktes hat.
- Welches Wasser benutzt wird und wie die genaue chemische Zusammensetzung zum Zeitpunkt des Brauens ist
- Welche Reissorte benutzt wird und wo dieser Reis angebaut wurde
- Wie das Wetter während des Reisanbaus war und welche Temperaturen und Luftfeuchtigkeit während des Brauens vorherrschen
- Wie viel und wie schnell der Reis poliert wird
- Wie lange der Reis gewaschen und eingeweicht wird (Japanische Braumeister nehmen hier Anpassungen im Sekundenbereich vor)
- Wie schnell und wohin der Koji-Pilz auf den Reiskörnern wächst (was durch Temperatur und Luftfeuchtigkeit geregelt wird – ebenfalls im 0,5-1 Grad / Prozent-bereich)
- Welche Hefe benutzt wird und bei welcher Temperatur die Gärung stattfindet
- …
Die Liste geht noch viel weiter aber ich denke, es ist klar geworden, dass Sake brauen eine Kunst ist und alles andere als einfach. Alle Anpassungen werden nur vom Toji (Braumeister) gemacht. Auf der Basis seiner Intuition, seiner Erfahrung und seinen fünf Sinnen. Maschinen können dies nur unzureichend leisten, so dass sie nur bei ordinärem, günstigen Sake zum Einsatz kommen. Es ist auch nicht überraschend, dass nur wenige Kurabito (Brauereiarbeiter) jemals ein Toji werden und dafür Jahrzehnte lang in die Lehre gehen, Erfahrungen sammeln und ihre Sinne schärfen.