Neulich habe ich nach Fotos gesucht. Ganz bestimmten. Von meinem letzten Besuch bei der Tosa Sake Brauerei in Kochi. Ich hatte ein paar der Bilder vor Augen, die ich von der Sake-Produktion dort gemacht hatte, die ich für einen Artikel haben wollte. Bilder, die zeigen wie schön, aber auch wie hart die Arbeit bei der Sake Herstellung in so kleinen Betrieben ist. Die Teile meiner Festplatte, auf denen die Fotos liegen, gehören noch zu den ‘das-ordne-ich-wenn-ich-mal-Zeit-habe’-Bereichen. Aber, obwohl ich besagte Fotos relativ schnell gefunden hatte, verbrachte ich die halbe Nacht vor dem Rechner. Nur ein paar Klicks weiter schlummerten so viele andere Erinnerungen. Fotos von hier und da, von besonderen Momenten und alltäglichen Situationen, von meinen Kindern, als sie noch Babys waren und von Tagen, an denen es sie noch gar nicht gab. Ich schwelgte in vergangen Momenten und ignorierte die Vernunft, die mich versuchte dran zu erinnern, dass mein Wecker schon sehr bald klingeln würde.
Japanische Keramik vom Flohmarkt
Während ich diese Worte schreibe, wünscht sich ein Teil von mir, dass ich daraus gelernt hätte. Dann müsste der Kaffee heute nicht so stark sein. Habe ich aber nicht. Gestern Abend entstanden die Fotos meines Japanischen Geschirrs, die es ab nächster Woche donnerstags auf Instagram zu sehen gibt. Das Ergebnis von jahrelangem Suchen und Finden, von Entdecken und geschenkt bekommen. Ich kann mich bei fast jedem Stück daran erinnern, wann und wie es zu mir gekommen ist. Ähnlich wie bei den Fotos löst das pure Halten und Betrachten bei mir Kopfkino aus: An den Flohmarkt in Kyoto, auf dem ich für 50 Yen die erste kleine Mini-Schale erstanden hatte oder den überfüllten Trödelladen auf der Komazawa-Dori, in dem jede Bewegung, sogar schon fast jeder Atemzug, zum Nervenkitzel wurde. Über die Zeit bekommt man auf diese Art eine nicht unbedingt wertvolle, aber unbezahlbare Sammlung unzähliger Einzelstücke. Die Fotos meiner Fundstücke bekommen von mir den Hashtag #athingtobehold. Eine Sache zum Betrachten, weil kein einziges davon einfach so aus dem Schrank genommen wird und das nicht nur wegen der Dinge, die ich damit verbinde.
In Japan wird nicht der Tisch gedeckt
In Japan wird nicht, wie bei uns, der Tisch gedeckt. Vielmehr wählt der Koch die jeweils passenden Präsentationsform für die einzelnen Komponenten aus. Natürlich gibt es dabei Regeln. Die wohl wichtigste ist die Saisonalität. Motive mit Auberginen sind ein Zeichen des Sommers, Hasenmotive stehen für den September und Pflaumenblüten gehören im Winter auf den Tisch. Kirschblüten – wie sollte es anders sein – im Frühling . Aber so sehr man sie auch mit Japan verbinden mag, sind sie nur eine kurze Zeit auf dem Tisch willkommen. Kurz bevor sie blühen und natürlich währenddessen. Ausserhalb dieser Zeit ist ihr Platz im Schrank.
Kein Japanischer Kochkurs ohne die Qual der Wahl
Ebenso wichtig sind natürlich praktische Aspekte, die z.B. definieren, ob und wie hoch ein Rand sein muss. Innerhalb dieses Rahmens ist die Wahl des Gefäßes – seiner Farbe und seiner Form – ein wesentlicher Teil bei der Zubereitung der Speisen und wie diese während des Essens empfunden werden sollen.
Manchen fällt diese Entscheidung nicht so einfach und andere möchten sich einfach viel Zeit dafür lassen. Ich kann mich an keinen einzigen Kochkurs erinnern, an dem unser Zeitplan nicht ins Wanken geriet, wenn den Teilnehmern der Geschirrschrank geöffnet wurde. Egal wieviel extra Zeit wir einplanten, sie wurde immer ausgereizt. Es ist aber eben auch ein elementarer Bestandteil des Kochens. Für mich ist daher kein Japanischen Kochkurs vollständig, der diesen Aspekt übergeht und bei dem alle gemeinsam gekochten Gerichte auf uniform-weißen Tellern und Schüsseln angerichtet werden. Und so bringe ich zu den Kochkursen, die ich nicht in meinem Laden mache, Körbe über Körbe von Japanischem Geschirr mit. Ich freue mich jedesmal wieder über die ‘Ohs’ und ‘Ahs’, die das auslöst und habe stets einen Blick auf die Uhr, denn auch heute noch ist es so, dass dieser Teil absolut jedesmal droht den Zeitplan zu sprengen.
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