Ich weiß nicht, wer enttäuschter war, als wieder mal ein Ei kaputt gegangen ist: meine Tochter oder ich. Wir haben es zwar nicht so mit Ostern, aber so ganz daran vorbei kommen ist irgendwie auch nicht drin. Und als unsere Nachbarin die Bäume in ihrem Vorgarten mit bunten Eiern schmückte, war klar, dass es auch bei uns nicht mehr lange dauert bis der Wunsch geäussert wird, Eier auszupusten und zu bemalen. Wir – sprich ich – pustete und pustete dann auch kurz danach. Ein Ei nach dem anderen. In solchen Momenten beneide ich Mütter mit nur einem Kind, denn natürlich brauchten alle jungen Damen die gleiche Menge an Eiern und nur ein oder zwei war auch keine Option, die den Hausfrieden aufrecht erhielt. Also gab ich alles und pustete weiter. Wenig später dann Tränen und Enttäuschung, denn natürlich ging nicht alles glatt. Ein Ei fiel runter, eins rollte beim Bemalen vom Tisch und ein weiteres wurde beim Versuch es aufzuhängen zerstört. Also pustete ich wieder….
Bevor wir angefangen hatten war mir klar, dass ich aus den ganzen Eiern Tamagoyaki machen wollte. Nun wurden es dann halt ein paar mehr. Nicht schlimm, denn sie werden bei uns sehr gerne und viel gegessen und dazu kann man sie gut ein paar Tage im Kühlschrank aufbewahren.
Was ist ein Tamagoyaki?
Tamagoyaki heisst zwar eigentlich nur ‘gebratenes Ei’, aber darunter versteht man in Japan die saftigen, rechteckig gerollten Omeletts. Es gibt sie meist in süß, aber auch in herzhaft und sie haben in Bento Boxen einen ebenso festen Platz wie in einem Sushi Menü. Hier haben sie sogar den Spitznamen ‘Gyoku’ was soviel bedeutet wie ‘Edelstein’. Zurückzuführen auf eine alternative Lesart des Kanji-Zeichens für ‘Tama’(玉). Manche benutzen den Ausdruck Atsu Tamago Yaki (oder Atsuyaki tamago was soviel bedeutet wie ‘dickes gebratenes Ei‘) als Synonym oder auch Dashimaki Tamago (gerolltes Ei mit Dashi). Bei letzterem wird dabei zwingend Dashi zur Eimasse gegeben (sagt ja schon der Name).
Tips & Tricks für ein gutes Tamagoyaki
Durch Dashi wird ein Tamagoyaki seidiger, fluffiger und bekommt dazu einen extra Kick Umami, ist dafür aber schwieriger in der Herstellung – und bedarf deutlich mehr Übung, da die Eimasse weicher ist, weniger zusammen hält und damit das Aufrollen schwieriger wird. Mit oder ohne Dashi – Tamagoyaki ist Übungssache. Hier sind ein paar Dinge die Ihr dabei im Hinterkopf behalten solltet:
Timing beim Rollen
Ein gutes Tamagoyaki zeichnet sich dadurch aus, dass die einzelnen Schichten miteinander verbunden sind. Damit die Omeletts die Form bekommen, halten und saftig bleibe, müssen sich die einzelnen Schichten sich miteinander verbinden. Um das zu erreichen, wird das Ei aufgerollt, wenn die Eischicht gerade eben nicht mehr flüssig aber noch feucht ist, was man am Glanz erkennt. Niemals nie dürfen die einzelnen Schichten soweit gebraten werden, dass die Oberfläche trocken ist.
Die homogene Farbe
In der Japanischen Küche dreht sich viel – sehr viel – um die Optik. Ein gutes Tamagoyaki ist deswegen gleichmäßig hellgelb. Keine weißen Flecken, keine braunen ‘Ringe’ wie ein Baumkuchen. Ersteres bekommt Ihr ganz einfach dadurch hin, dass Ihr die Eimasse vor dem Braten durch ein dünnes Sieb ein-zwei Mal gebt. Die Hagelschnüre und alle anderen ‘festeren’ Bestandteile, die beim Braten unschön weiß werden, werden dabei zurückgehalten und ihr erhaltet eine homogene Farbe.
Das Geheimnis der Abwesenheit brauner Ringe liegt dann im Zusammenspiel von Hitze und Menge der Eimasse. Ich brate meine Omeletts auf mittlerer Stufe und benutze pro Schicht ca. 50 ml Eimasse. Damit schaffe ich mein Ei ohne Maillard-Reaktion bis zum gewünschten Grad (siehe Punkt 1) zu garen.
Ein weiteres Thema dass hier noch mit reinspielt ist die verwendete Zuckermenge. Die Tamagoyaki der Kansai-Region (um Kyoto) sind typischerweise deutlich süßer und weicher als die der Kanto-Region (östlich von Hakone – wozu auch Tokio gehört). Ich liege geschmacklich in der Mitte: Süßer als die Tokio-Version aber deutlich nicht so viel Zucker wie in Kyoto. Wo ihr Euch geschmacklich einpendelt sei Euch überlassen, Ihr solltet aber die Mengen an Zucker beim Braten im Hinterkopf haben, damit Euch Euer Omelett nicht zu stark karamellisiert.
Tamagoyaki Pfanne
Natürlich kann man theoretisch ein gerolltes Omelett auch in einer runden Pfanne machen, aber es ist ungleich schwerer, man braucht mehr Eier und das Ergebnis wird nicht das gleiche sein. Allein deswegen führe ich diese Version hier nicht weiter aus. Am besten eignet sich eine viereckige Pfanne. Genannt Makiyakinabe, Tamagoyakiki oder auch Tamagoyakinabe . Sie ist wirklich nicht teuer und ich finde ihre Anschaffung lohnenswert. Es gibt sie in mehreren Ausführungen. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen der Quadratischen Variante der Kanto-Region und der Rechteckigen Form, die im Kansai üblich ist. Günstige sind aus Alu oder Edelstahl mit einer Anti-Haft-Beschichtung. Die Teuren sind handgearbeitetund aus Kupfer.
Für den Anfang empfehle ich eine beschichtete Pfanne in der Größe 13 x 18cm. Ich finde die rechteckige Form erleichtert das Aufrollen am Anfang , weil das Omelett schmaler ist als als bei der quadratischen Form. Die Größe ist ausreichend für ein Omelett aus ca. vier Eiern, dass man üblicherweise in 8 Stücke teilt. Also im Rahmen einer typisch Japanischen Mahlzeit reicht es für vier Personen (acht wenn es nur ein Akzent ist).
Mein größter Fehlkauf war eine Pfanne für 1-2 Personen (2 Eier). Ich hatte sie für den Fall gekauft, wenn ich mal ein Omelett nur für mich alleine machen möchte. In der Retroperspektive kompletter Blödsinn. Da man ein Tamagoyaki gut 3-4 Tage aufheben kann, macht es Sinn gleich ein großes (oder im Fall meiner Familie) ein paar mehr zu machen, wenn man schon mal dabei ist. Und so steht meine Mini-Pfanne heute noch jungfräulich im Schrank herum. Ich finde die Beschichteten zum üben am besten. Wer die gerollten Omeletts häufig macht, kann sich dann ja auch an die Pfannen aus Kupfer wagen. Die sind optisch auf jeden Fall schöner, aber auch deutlich teurer und es macht Sinn, schon eine gewisse Übung zu haben.
Stäbchen anstelle Pfannenwender!
Kochstäbchen zur Hand zu haben sind an mehreren Stellen eine gute Wahl. Die richtige Temperatur der Pfanne testet man am besten, indem ein Tropfen der Eimasse mit der Spitze des Stäbchen in die Pfanne gegeben wird. Wenn der Eitropfen quasi an das Stäbchen zurückspringt ist die Temperatur genau richtig. Wenn er gleich karamellisiert, ist die Pfanne zu heiß und wenn er in der Pfanne bleibt, ist sie noch nicht heiß genug.
Ebenso elementar wie die Temperaturkontrolle ist eine gut geölte und saubere Pfanne vor jeder Schicht. Hierfür habe ich zwei kleine Schüsseln neben dem Herd. Eine mit Öl und eine andere in dem ein Stück Küchenpapier liegt. Dieses Papier nehme ich mit den Stäbchen auf, tauche es in das Öl und benutze es dann um die Pfanne zu ölen und zu säubern. Im Anschluss wird es bis zur nächsten Schicht wieder in dem leeren Schälchen ‘geparkt’.
Für das Wenden mag auf den ersten Blick komisch erscheinen keinen Pfannenwender zu benutzen, aber mit Kochstäbchen geht es deutlich einfacher – insbesondere wenn mangar nicht erst versucht sich an den Pfannenwender zu gewöhnen. Gewendet wird nämlich nicht mit dem Werkzeug, sondern mit der Flieg- und Schwerkraft aus dem Handgelenk (ähnlich dem Wenden von Pfannkuchen). Die Stäbchen unterstützen dabei nur. Mit ihnen wird die Drehbewegung dirigiert, nicht ausgeführt.
Dekorative Formen und 1. Hilfe bei verunglückten Tamagoyakis
Meist bekommt man ein Tamagoyaki als rechteckige Scheibe zu Gesicht. Man kann sie aber gut dekorativ formen. Hierfür wird das noch warme Tamagoyaki in einen angefeuchtetes Makisu (die Bambusmatte, die für Maki Sushi verwendet wird) gerollt und ausgekühlt. Wer besonders spektakulär sein möchte, kann mit Hilfe von Stäbchen und Gummibändern, die aussen dem Makisu befestigt werden, dem Tamagoyaki andere Formen geben (Blumen- oder Kürbisform ist recht beliebt).
Für den Anfang interessanter ist aber, dass man sich diese Eigenschaft/Technik des Formens zu Nutzen machen kann, wenn man sein Tamagoyaki ‘retten’ muss. Denn ich kann es nicht of genug sagen: Tamagoyaki bedeutet üben, üben üben. Und bis dahin nimmt man am Schluss das Omelett wie auch immer es aussieht (auch wenn es ein halbes Rührei geworden ist) und rollt es fest in den Makisu ein. Gummiband darum, abkühlen lassen, fertig. Bei großen Unglücken empfehle ich aber auf die Sushimatte vorher ein Stück Frischhaltefolie zu legen, damit beim Aufrollen das Ei nicht in den Spalten hängen bleibt.
Rezept für Tamagoyaki
Hier findet Ihr mein Rezept für Tamagoyaki. Probiert es aus und passt den Zucker dann am Besten an Euren Geschmack an. Ich benutze immer Dashi (hier findet Ihr die Anleitung für Dashi) in meinen Omeletts. Sie werden dadurch weicher und schmecken besser. Wenn es Euch es am Anfang aber zu anstrengend ist ein weiches Ei aufzurollen, dann lasst Ihr die Dashi erst einmal weg bis ihr den ‘Dreh raus habt’ und probiert es dann mit.
Zutaten für 1 Tamagoyaki
4 L-Eier
40 ml Dashi (10 ml pro Ei)
1 El Sake
3 Tl Zucker (gestrichen)
1 Prise Salz
Zubereitung
- Die Zutaten in eine Schüssel geben und mit Stäbchen verrühren ohne Luft einzuarbeiten. Wahlweise die Eimischung nun ein paar mal durch ein feines Sieb geben um eine homogene Farbe zu bekommen.
- Eine Pfanne auf mittlere Stufe erhitzen. Währenddessen alle weiteren Hilfsmittel vorbereiten/bereitstellen
– eine Schüssel mit neutralem Öl und
– eine weitere Schüssel mit einem Stück Küchenpapier.
– Sushimatte anfeuchten und mit den Knoten nach hinten auf di
– Arbeitsfläche legen
– Gummibänder bereit legen - Die Pfanne gut ölen und mit einem Tropfen der Eimasse die Temperatur testen. Wenn diese sowie ist, ca. 50 ml der Eimasse in die Pfanne geben und stocken lassen, bis sie fest ist. Die erste Schicht aufrollen, solange die Oberfläche noch glänzt.
- Den jetzt freien Teil der Pfanne mit dem in Öl getauchten Küchentuch einfetten, das Omelett auf den nun eingefetteten Teil der Pfanne schieben und dann den dadurch frei gewordenen Teil der Pfanne einfetten.
- Ein weiteres mal ca. 50 ml der Eimasse in die Pfanne geben. Gleich im Anschluss die bestehende Ei-Rolle mit Stäbchen vorsichtig anheben (nicht vollständig hoch heben!), sodass das flüssige Ei darunter fliessen kann, danach wieder absenken.
- Wenn die zweite Schicht der Eimasse fest, aber noch feucht (also noch glänzend) ist, das Omelett erneut aufrollen. So verfahren, bis die Eimasse aufgebraucht ist (ca. 4 mal Aufrollen).
- Nun das fertige Omelett aus der Pfanne auf die Sushimatte geben, in dieser einrollen, mit Gummibändern fixieren und abkühlen lassen. Dabei sicher stellen, dass die Luft zirkulieren kann (z.B. quer über eine Schüssel legen).
Üblicherweise wird Tamagoyaki bei Raumtemperatur gegessen und kann gut 3-4 Tage im Kühlschrank aufbewahrt werden.
Varianten
Wenn die Eimasse in der Pfanne ist, kann ein Tamagoyaki mit unterschiedlichen Beigaben variiert werden. Ein wenig blanchiertes und klein gehacktes Grün (z.B. die Blätter von Mairübchen, Mohrrüben, Sellerie oder Rettich) unregelmäßig auf das Ei gestreut und mit eingerollt gibt einen schönen Farbkontrast und eine weitere Geschmacksdimension. Ebenso kann man mit klein geschnittenen Wakame oder zugeschnitten Nori-Blättern die häufig zu beobachtende Kombination von Land und Meer in einem Gericht erzielen.
Wenn man ein bisschen im Voraus plant (um dem Koji die nötige Zeit zu geben), lohnt es sich anstelle von Salz Shiokoji zu benutzen und damit noch mehr Umami zu bekommen.
Lasst mich gerne wissen, was Ihr so ausprobiert und wie es bei Euch geworden ist.