Jedes Jahr wieder pilgern unzählige Touristen im Frühling zur Kirschblüte nach Japan in der Hoffnung, sie auch zu sehen. Denn die Natur hat auch dort ihren eigenen Kopf und nun genau die richtigen zwei Wochen zu erwischen, hat schon ein bisschen was mit Glück zu tun. Jedes Jahr wieder werden gefühlt mehr Menschen unterm Kirschbaum fotografiert, als Blüten an den Zweigen sind.
Hanami am besten mit warmem Sake
Auch ich erliege heute noch dem Zauber der zarten Blüten – dem Inbegriff für Frühling und der Vergänglichkeit des Lebens. Aber mein Verhältnis zu ihnen ist aber irgendwie ambivalent. Während meiner Zeit in Japan saß auch ich unter Kirschbäumen – jedes Jahr wieder – beim typischen Hanami Picknick um das man nicht drumrum kommt. Dick eingepackt, bibbernd und sehnsüchtig an mein warmes zu Hause denkend. Als Tokio noch Edo hieß, war es gang und gebe zu Hanami ein ‘Kandouko’ dabei zu haben – eine tragbare Kombination aus Grill und Sakewärmer. Deutlich schlechter ausgerüstet trank ich den Sake stets gut gekühlt, ohne das ich dafür etwas hätte tun müssen. Dafür war meine Bento Box randvoll mit kulinarischen Frühlingsboten, die mich wieder milde stimmten. Allen voran Sakura Gohan: Gekochter Reis mit gesalzenen Kirschblüten. Überhaupt isst man in Japan in dieser Zeit sehr viele Kirschblüten und viele Kirschblüten inspirierte Gerichte. Ein paar Wochen bevor sie blühen geht es los. In freudiger Erwartung taucht Japan in ein weiß-rosa Blütenmeer. Überall und soweit das Auge reicht: Sakura. Und danach verschwinden sie, so schnell wie sie gekommen sind, bis zum nächsten Jahr. Es sei denn, es wird geheiratet. Zu besonderen Anlässen wird in Japan nämlich gerne ‘Sakura-yu’ serviert – ein Aufguss von in Salz eingelegten Kirschblüten.
Sakura-yu: Kirschblütentee bei Hochzeiten
Natürlich erscheinen die Blüten und ihre Farben wie gemacht für die Romantik einer Hochzeit. Doch wäre dies zu profan für ein Land in dem jedes Detail – so scheint es – eine tiefere Bedeutung hat, nichts einfach so gemacht wird und alles einen Sinn ergibt. Aber wie viel überliefertes Wissen um Bräuche und Kulturen so ist auch das Wissen um Sakura-yu nicht mehr weit verbreitet: Grüner Tee – so heisst es in Japan – beflügelt Unterhaltungen, Klatsch und Tratsch. Am Tag einer Hochzeit aber ist dies nicht erwünscht. Mit dem Reichen von Sakura-yu werden Familie und Gäste auf sehr charmante Art darauf hingewiesen, ihre Meinung über die Verbindung an diesem Tag für sich zu behalten. Seit Japan gehören für mich Kirschblüten und Hochzeiten deswegen zusammen und jedes Brautpaar bekommt von mir ein Päckchen gesalzene Kirschblüten geschenkt.
Wie als wollte mich Japan nicht gehen lassen, mir zeigen, wie schön es sein kann, verbrachte ich mein letztes Hanami Picknick nicht wie jedes Jahr, sondern bei stahlendem Sonnenschein im T-Shirt unter den Kirschbäumen im Komazawa Park. Im Arm meine vier Wochen alte Tochter. Kein Frieren, kein Bibbern, kein Gedanke an zu Hause. In der Hand grünen Tee statt Sake mit Lachen, Klatsch und Tratsch bis weit nach Sonnenuntergang.
Essbare Kirschblüten
Das Kirschblüten eine ganz wunderbare Zutat sind habe in den Beiträgen zu den Sakura-Keksen oder dem Sakura-Reis schon mehr als einmal erwähnt. Bekommen kann man sie bei mir im Laden bzw. in meinem Online Shop und/oder man legt sie selber ein. Hierfür sollte man sich aber dringend Kirschbäume suchen, die nicht behandelt werden.
Zutaten für in Salz eingelegte Kirschblüten
100g | unbehandelte Kirschblüten |
20 g | Salz |
10 ml | Umésu (Pflaumenessig) |
1 Tl | Salz für die Lagerung |
Zubereitung der Kirschblüten
Die Kirschblüten waschen und auf einem Küchenpapier ausbreiten und trocken tupfen. Vorsichtig mit dem Salz vermengen und in einen weiten Behälter (Gals ist ideal) geben. Die Oberfläche mit Folie abdecken und beschweren. Das Gewicht sollte wasserfest sein und doppelt so schwer wie die Kirschblüten (in unserem Fall also ca. 200g). Ähnlich wichtig ist, das sich das Gewicht auf die gesamte Oberfläche verteilen kann, um alle Blüten gleichmäßig unter Druck zu setzen. Am einfachsten ist dies mit einer Presse oder mit Hilfe von Wasser in einer Tüte, die groß genug ist, sich über die gesamte Oberfläche des Behälters auszudehnen. Drei Tage lang bleiben die Blüten so unter Druck, währenddessen sie vollständig von ihrem eigenen Wasser bedeckt werden.
Nach drei Tagen werden sie abgegossen, mit dem Umésu vermischt und für weitere ein bis drei Tage in ein möglichst kleinen Gefäß umgefüllt.
Zum Schluss werden sie ausgebreitet und erneut 1-3 Tage an der Luft getrocknet. Ich tue dies am liebsten auf meinem Zaru – einem Japanischen Sieb aus Bambus, über das ich ein Stück Backpapier lege. Aber Küchenpapier sollte auch gehen.
Wenn die Blüten dann getrocknet sind, verpacke ich sie Luftddicht mit dem übrigen Salz.
Den Text zum Rezept habe ich vor einem Jahr für die EssPress– Kolumne ‚Japan Hautnah‚ geschrieben. Allen, die ihn noch nicht kennen, möchte ich ihn ans Herz legen :
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Fotocredit Titelfoto: Eva Elijas